Strand-Chillen Ist herrlich! Sonne, Meer und weißer Sand – himmlisch! Aber nur von morgens bis abends faulenzen und durch Palmwedel in den blauen Himmel schauen? Och nö! Das wird irgendwann langweilig. Auf Grenada kommt man allerdings gar nicht erst in Versuchung, zur faulen Liegestuhl- oder Hängematten-Potato zu werden. Die südlichste Insel der Kleinen Antillen ist ein Naturparadies mit hohem Abwechslungs-Faktor.
Das fängt schon bei den Stränden an. Immerhin hat man die Wahl zwischen 45 feinsten Sandstränden, die sich rund um das Inselchen verteilen. Drumherum türkisblaues Meer, das ganze Jahr über badewarm, ideal zum Planschen, Schwimmen, Schnorcheln, Tauchen und Segeln. Also erst mal rauf aufs Boot, und raus aufs Meer. Denn das soll, so haben wir erfahren, hier so manch besondere Überraschung bieten.
Die erste begegnet uns allerdings gleich auf unserem gecharterten Katamaran Catjack II in Form einer waschechten Münchnerin. Andrea Gerstmann (61) ist vor 13 Jahren mit ihrem Mann nach Carriacou, eine zu Grenada gehörende Mini-Insel, ausgewandert und heuert seither immer mal wieder als Köchin auf Charterbooten an. Sie verwöhnt uns mit leckeren karibischen Köstlichkeiten, während ihr Kollege Garnet, unser Skipper, uns sicher rund um die Insel schippert. Er weiß, wo die buntesten Korallen sind, präsentiert den Tauchern spektakuläre Schiffswracks für Entdecker-Tauchgänge und bringt uns in die Molinere Bay zum ersten Unterwasser-Skulpturen-Park der Welt. Wahnsinn! Dort hat der britische Künstler Jason de Caires Taylor 30 Skulpturen auf den Meeresgrund versenkt. Für Taucher und Schnorchler eine einmalige Attraktion, die nicht nur Kunstobjekt ist, sondern auch die natürlichen Riffe entlastet.
Nach zwei Wasser-Wunder-Tagen an Bord dienen die nächsten Tage der Insel-Erkundung.
„Dazu eignet sich am besten ein Hash-Trail“, behauptet Margit. Sie vertritt Grenada in Deutschland und kennt sich auf der Insel richtig gut aus.
„Hash ist so eine Art Schnitzeljagd, die hier regelmäßig stattfindet“¡, weckt sie unsere Neugierde. „Die Veranstaltung findet immer woanders statt und ist bei Einheimischen und Urlaubern gleichermaßen beliebt. So lernt man Grenada von vielen unterschiedlichen Seiten kennen. Vor allem die grandiose Natur.“
Margit hat Recht. In allem. Wir klettern, rutschen, laufen auf abenteuerlichsten Wegen und querfeldein durch das Naturparadies. Abends sind wir erschöpft, dreckig aber glücklich. Wir haben Grenada wirklich von einer ganz neuen wunderschönen Seite kennengelernt, das Nationalgericht „Oil-Down“ probiert, dazu eisgekühltes lokales Bier getrunken und nach heißen Rhythmen getanzt. Und wir waren Zeuge einer Wanderschuh-Taufe. Das passiert ja auch nicht jeden Tag...
Auch die nächsten Tage dienen der Insel-Erkundung. Allerdings etwas weniger aufregend. Unser Guide Roger fährt mit uns zu den schönsten, interessantesten und wichtigsten Plätzen seiner Heimatinsel. Dazu gehört auch die River Antoine Rum Distillery, wo täglich um die 500 Flaschen Rum produziert werden. Sehr guter Rum, der allerdings so gut wie gar nicht exportiert wird. Wofür es zwei Gründe gibt: Erstens die Ausfuhr wegen des hohen Alkoholgehaltes verboten, und zweitens reicht die Herstellungsmenge gerade so für den Bedarf der Einheimischen. Um jedoch wenigstens ein paar Flaschen an interessierte Touristen (wie uns) verkaufen zu können, werden ab und zu ein paar Flaschen mit „nur“ 69 % abgefüllt. Denn erst ab 70 % beginnt das Export-Verbot.
Die Produktion verläuft übrigens noch genauso, wie vor 230 Jahren, als der Firmengründer den Fluss Antoine umleitete, um damit das große Wasserrad des Zuckerrohrbrechers anzutreiben. Sehr interessant anzuschauen.
Auf den Spuren der Vergangenheit geht’s weiter, nämlich ins Fischerdorf Gouyave an der Westküste, Heimat des 400-Meter-Sprint-Weltmeisters (2011) und Olympiasiegers (2012) Kirani James. In Kirani-Town, wie sich das 3.400-Seelen-Dorf stolz nennt, wird der größte Schatz Grenadas verarbeitet: die Muskatnuss, wichtigstes Exportgut der Insel. Die vielseitig verwertbare Nuss ziert sogar das Wappen Grenadas. Allerdings ist sie nicht allein für den Beinamen „Gewürzinsel“ verantwortlich. Das stellen wir beim Besuch des „Laura Spice and Herb Gardens“ fest, wo so ziemlich alles wächst und blüht, was wir in Deutschland für die Weihnachtsbäckerei verwenden.
Für Zimtsterne, Vanillekipferl, Marzipankartoffeln und Ingwerkekse. Jane, die als Guide auf der Plantage arbeitet, führt uns durch das paradiesische Pflanzen-Labyrinth mit Kakaobäumen, an denen sich Orchideen mit Vanilleschoten emporranken, Aloe Vera-Pflanzen, leuchtend roten Ingwer-Blumen, Zimtbäumen, aus deren rötlicher Rinde das weihnachtliche duftende Gewürz gewonnen wird, Mandelbäumen mit dicken Früchten, hohen Büschen Zitronengras und skurril geformten Pimentobäumen. Sie erzählt, beschreibt, erklärt und reibt Blätter zwischen den Fingern, um deren Duft zu entfalten. Und tatsächlich mitten in der Karibik riecht es plötzlich, wie vor Weihnachten daheim in der Backstube.
Und wenn wir schon mal bei den süßen Leckereien sind, gehört natürlich Schokolade dazu. Und ja, so manches Schoko-Herz könnte seinen Ursprung ebenfalls auf Grenada haben. Denn hier wird nach alter Tradition und mit viel Liebe handgeschöpfte, köstliche Schokolade hergestellt. Auf der historischen Plantage Belmont Estate erfahren wir bei einer Führung, wie Kakaobohnen geerntet, behandelt und zur wertvollen dunklen Grenada-Schokolade verarbeitet werden. Wahnsinn, wieviel Mühe und Zeit, wie unendlich viele Handgriffe nötig sind, bis ein kleines Täfelchen fertig ist. Natürlich kaufe ich eine Tafel, die hier noch handverpackt wird. Zuhause werde ich jedes Stückchen mit Andacht verspeisen!
Langsam geht der Grenada-Aufenthalt dem Ende entgegen. Die Zeit ist regelrecht verflogen. Nach einem Shoppingbummel auf dem kunterbunten Markt der hübschen Inselhauptstadt Saint George gönnen wir uns am letzten Tag noch ein bisschen Entspannung. Wie herrlich, am Grande Anse Beach, einem der schönsten Strände der Welt, durch den weißen, weichen Sand zu laufen, im türkisblauen Meer zu baden, in einer Hängematte zu schaukeln und die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren. Der Flieger kann warten...