Ägypten

Mit Quad, Kite und Flossen bei den Pharaonen

Morgens hatte ich  noch im Roten Meer gebadet. Zwei Stunden später stehe ich in der Sahara und werde für eine Quad-Tour ausgerüstet. Mit Schutzhelm, Motorradbrille und kunstvoll über Mund und Nase gewundenem Tuch bin ich gegen den Saharasand präpariert.


Nach der „Maskierung“ gibt’s eine kurze Einführung in Gas, Bremse und sonstige Funktionen der kleinen Flitzer. Dann geht’s schon los durch die staubtrockene Sahara.. Wir sind zwar nur eine gute halbe Autostunde von unserem  Urlaubshotel Sunrise Crystal Beach in Hurghada, vom blitzblauen Meer und angenehm temperierten Pools entfernt, und doch in der Wüste. Mitten drin in einer anderen, fremden Welt. Als Dritte in einer Achterreihe schicke ich schon nach fünf Minuten ein Dankgebet gen blauen Himmel. Wie gut, dass ich vermummt und gegen den Wüstensand geschützt bin! 

Kreuz und quer preschen wir durch den heißen Sand. Für Leute, die Speed, den Geruch von Methanol und einen Hauch von Abenteuer lieben, ist dieser Ausflug einfach nur geil. Irgendwann ist Alis großer Moment gekommen. Der Guide zeigt eindrucksvoll, wozu ein guter Fahrer mit so einem Quad in der Lage ist. Vier Räder. Gut und schön. Braucht Ali aber gar nicht. Er reißt Lenkrad und Vorderräder in die Luft und rast kühn, mit wehendem Palästinenser-Tuch, auf zwei heißen Reifen an uns vorbei. Wir sind beeindruckt. Wie so oft in dieser Ägypten-Woche, zu der Öger-Tours eingeladen hatte, um die neuen Kataloge zu präsentieren. Eine tolle Idee. Denn außer interessanten Ein- und Ausblicken des Reiseveranstalters erfahren wir viel Neues über Ägypten und erleben direkt, wie der Tourismus nach langer Durststrecke, ausgelöst durch die Revolution 2011, langsam wieder in Fahrt kommt.  Das Land der Pharaonen präsentiert sich interessant, aufregend und sehr abwechslungsreich.

 

Vor allem am Nil ist der Fortschritt spürbar. Während ich vor drei Jahren nahezu allein vor dem Tempel der Hatschepsut stand, einsam eine wunderbar inszenierte Nacht-Vorstellung zwischen den Säulen des Karnak-Tempels erlebte und mich im Tal der Könige irgendwie verloren fühlte, herrscht jetzt rund um die Tempelstätten  wieder wohltuende Betriebsamkeit. Was auch die Händler begeistert, die von Luxor bis Assuan vor den Jahrtausend-Relikten stehen und unermüdlich ihre Tücher, Teller, Skarabäen und Püppchen an die Urlauber zu bringen versuchen. Inzwischen allerdings nicht mehr ganz so aufdringlich. Denn die Regierung stellt seit April 2018 das zu aggressive Anbieten von Souvenirs unter Strafe. Bis zu 10.000 Ägyptische Pfund (rund 460 Euro) soll der Verstoß gegen das neue Gesetz kosten. Eine Strafe, die wohl keiner der Händler, die seit vielen Jahren am absoluten Limit leben, zahlen könnte.

Wir sind nur zwei Tage auf dem längsten Fluss der Erde, zu Gast auf der stilvollen MS Terramar, und unternehmen von Luxor aus spannende Reisen in die Vergangenheit.

Im Tal der Könige besuchen wir u.a. die sehr eindrucksvolle Grabkammer des Kindkönigs Tutanchamun, argwöhnisch beäugt von den Grabwächtern, die verhindern wollen, dass jemand fotografiert. Wir lassen uns am Tempel der Hatschepsut von einem der Wächter einen kunstvollen Turban winden, spazieren beim Karnak-Tempel über die Avenue der Sphinx, die ursprünglich über drei Kilometer geradeaus bis zum Luxor-Tempel führte und  irgendwann auch wieder bis dahin führen soll. Und  wir shoppen auf dem Basar von Luxor Dinge, die man eigentlich nicht braucht. Oder vielleicht doch? Danke, liebe Angi, für den kleinen Skarabäus. Er wird mir Glück bringen und mich immer an Dich erinnern. 

Unvergessen bleiben auch die Sonnenuntergänge am Nil. Wir sitzen an Deck des Fluss-Kreuzfahrtschiffes und schauen zu, wie das magische Licht die Zeugen einer Jahrtausende alten Geschichte am Ufer in magisches Licht hüllt. Und ich bin sicher: Nirgendwo sonst kann die Vergangenheit so gegenwärtig sein wie hier.. 



Zurück nach Hurghada. Zurück in die Arabische Wüste. Mit einem Jeep holpern wir „zum schönsten Sonnenuntergang überhaupt“, so hatte uns der Fahrer versprochen – und Recht behalten. Andächtig sitzen wir auf dem Boden, vergessen die Zeit. Um uns herum nichts als Sand. Über uns grenzenloser Himmel. Irgendwo am Horizont verschwindet die Sonne hinter einer Bergkette und hinterlässt ein glühendrotes Firmament. Stille. Der Moment erübrigt jedes Wort.

Auf der Rückfahrt treffen wir, inzwischen durchgeschüttelt wie ein guter Cocktail, auf eine Beduinen-Familie, die im Wüstensand ihre Zelte aufgeschlagen hat. Ein junges Mädchen, tief verschleiert, sitzt auf dem Boden, backt Fladen. Scheue Augen sehen die Fremden an. Nur Sekunden. Dann fiixieren sie wieder den Fladenteig. Draußen stehen ihre Brüder, führen Kamele an der Leine, auf denen die Gäste aus Deutschland eine schaukelnde Runde drehen können. Und wieder sind es die dunklen, fragenden Augen unterm Kinderturban, die im Gedächtnis bleiben. Zwei Welten, jede für den anderen fremd, faszinierend, unwirklich. 

Unser nächstes Tagesziel sind die Giftun Islands. Gut eine Stunde braucht die Motoryacht von Hurghada bis zur Hauptinsel Grand Giftun. Der Strand könnte nicht weißer, der Sand nicht feiner, das Meer rundum nicht klarer sein. Strohhütten und -dächer der Mahmya Beach Bar schützen vor der glühenden Sonne. Liegen und Sandsäcke laden zum Relaxen ein. Boote bringen Taucher und Schnorchler zu nahen Riffs. Sogar Schiffswracks können unternehmungslustige Unterwasser-Urlauber entdecken. Wer einfach „nur so“ bunte Fische beobachten will, kann das auch direkt am Strand haben. Nur ein paar Schritte ins mintfarbene Wasser, und schon flitzen die gelben, lila-farbenen, gepunkteten, gezackten und gestreiften Meeresbewohner um die Badenden herum. Und mit etwas Glück kann man auch noch Delfine beobachten, die beinahe zum Greifen nah elegant durchs Rote Meer gleiten. Paradiesisch! 


Up up, aber nicht away, heißt es am letzten Tag unserer Ägypten-Reise. Die Küste der Halbinsel Soma Bay ist mit flach abfallendem Strand und guten Windbedingungen ein Hotspot für Kite-Surfer. Die durchtrainierten Sportler, die aus aller Welt hier her reisen, jagen übers Wasser und springen teilweise bis zu 40 Meter weit durch die Luft. Wahnsinn! Da könnte man stundenlang auf der Terrasse des Kite-Houses sitzen und das Spektakel beobachten. Und der Plan reift, es beim nächsten Urlaub in Ägypten tatsächlich auch selbst mal zu versuchen. 

Doch zunächst einmal quäle ich mich in der Tauchstation des Wassersport-Hotels The Breakers in einen Neoprenanzug. Denn hier, wo ein 420 Meter langer Steg direkt zum Riff führt, wäre es Sünde, so heißt es, nicht zu schnorcheln oder zu tauchen. Also nichts wie rein ins Unterwasser-Abenteuer – auch wenn ich normalerweise beim Schnorcheln immer Schnappatmung habe. Doch hier atme ich ruhig, fühle mich leicht, sicher und zwischen einem riesigen Schwarm Zebrafische in bester Gesellschaft. Am Riff wuseln die exotischsten Fische herum, bestaunen mich (wahrscheinlich mehr als ich sie), und dann schwimmt auch noch eine Meeresschildkröte gewaltigen Ausmaßes direkt auf mich zu. Nein, mein Mut hat Grenzen. Ich drehe ab. Aber das nächste Mal, wenn ich meine Unterwasserkamera dabei habe, halte ich drauf. Versprochen.